Diskussionsbeiträge der Projektgruppe Friedensforschung Konstanz, Nr. 53, 2004

5 Social Identification and personal entanglement (Distance/ dehumanization vs. social identification)
D5 De-escalation-oriented pole: Cooperative social commitment
D5.6

Emphasizes positive (emotional) reactions to the prospect of peace

    Example D5.6.2



Süddeutsche Zeitung, 02.12.2000

Kostunicas erste Prüfung

Der neue erste Mann in Belgrad rennt nicht nur offenen Türen ein in einer Welt, die über den Sturz Milosevics erleichtert ist. Vojislav Kostunica hat sich auch schon durch Phantasie und Umsicht bei der ersten Prüfung bewährt, mit der bewaffnete Albaner am innerserbischen Ostrand des Kosovo die Tauglichkeit Serbiens für die Staatengemeinschaft testen wollten. Mit einem Überfall auf serbische Polizisten in dem ethnisch gemischten Gebiet hatte der lokale Ableger der im Kosovo offiziell aufgelösten Befreiungsarmee UCK die neuen Belgrader Behörden provozieren wollen. Es kam aber anders. In Zusammenarbeit mit dem erstaunlich konstruktiven Belgrad will die Nato nun durch dichte Grenzpatrouillen die albanischen Extremisten in der Pufferzone aushungern, dort also, wo die jugoslawische Armee keinen Zugriff hat.

Die Krise erreichte Belgrad mitten im Machtwechsel und traf auf eine Demokratische Opposition Serbiens, die beschäftigt ist mit internen Machtverteilungskämpfen. Kostunica verfügt dabei über mehr Autorität, als die Verfassung mit ihren schwachen Vollmachten dem jugoslawischen Bundespräsidenten zuerkennt. Der andere Pol der neuen Regierenden, der unpopuläre Wende-Organisator und künftige serbische Regierungschef Zoran Djindjic, tat sich gleich zu Beginn der Krise mit ultimativen Tönen an die Adresse der Nato-Kosovo-Truppe KFOR und an die Albaner hervor. Präsident Kostunica dagegen warnte später, nicht in die Falle der selbst ernannten albanischen Befreiungskämpfer zu tappen. Dabei entfaltete er diplomatisches Geschick. Den Serben machte er klar: Anders als früher hätten sie nun die Welt auf ihrer Seite. (kü.)

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