Diskussionsbeiträge
der Projektgruppe Friedensforschung Konstanz, Nr. 54, 2004
|
Tageszeitung, 19.12.2000, S. 9 "Alles
andere ist besser als Krieg" | ||
|
| ||
Jovan
stammt aus der 40 Kilometer entfernten Stadt Vranje. Wie in Presevo und Bujanovac
haben sich auch dort viele serbische Flüchtlinge aus dem Kosovo angesiedelt.
Sie sind die treibende Kraft einer Bewegung, die vom Staat Aktionen fordert. Tausende
Bewohner und Flüchtlinge haben in den letzten Tagen gegen die "albanischen
Terroristen" demonstriert und Armee und Polizei aufgefordert, "die da
oben auszuräuchern". | ||
Doch
die albanischen Kämpfer beeindrucken diese Drohungen nicht.
In den Bergen entlang der Grenze zum Kosovo sind die albanischen Dörfer
fest in der Hand der UCPMB. Dies ermöglichte das Abkommen von Kumanovo
vom Juni 1999, das die Modalitäten des Einrückens der Nato-Truppen
in das Kosovo festschreibt und eine demilitarisierte Zone entstehen ließ.
Die jugoslawische Armee musste sich aus einem 5 Kilometer breiten Streifen
entlang der Grenze zum Kosovo zurückziehen. Hier ist es nur der serbischen
Polizei erlaubt, "Ordnungsfunktionen" wahrzunehmen. Der Konflikt
eskalierte, als die Polizei im Frühjahr einige albanische Zivilisten
erschoss und militante Serben Albaner in Presevo und Bujanovac angriffen.
Tausende Albaner flohen, serbische Flüchtlinge bezogen die leeren Häuser.
Daraufhin zeigten sich militante Albaner mit dem Aufnäher der UCPMB
in den Dörfern. Seither werden dort Polizeistreifen angegriffen. Jetzt
traut sich serbische Polizei nur noch in Randgebiete der Zone. Und der Armee
sind die Hände gebunden. |
||
Das
macht die serbischen Aktivisten wütend. Sie werfen der Regierung unter Vojislav
Kotunica Tatenlosigkeit vor. Um Kotunicas Kommen zu erzwingen, wurden
Straßen blockiert. Immer noch stehen dort kleine Gruppen, meist junge Männer.
"Als Ausländer solltest du nicht mit denen sprechen", sagt Jovan.
Selbst serbische Journalisten aus Belgrad wurden am vergangenen Donnerstag angegriffen,
weil sie "schlecht berichteten". | ||
|
| ||
Jovan
weiß dazu wenig zu sagen. Er ist froh, dass er wieder nach Vranje fährt.
"Alles andere ist besser als Krieg", sagt er, "da verlieren nur
die kleinen Leute." | ||
| ERICH
RATHFELDER |