Südkurier,
5.11.1949, S. 3
Das Gespräch
ist im Gang
Deutsche und französische Jugend singt und wandert
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Das
konnten sie alle, Deutsche wie Franzosen: Kuckuck singen; bei der ersten
Strophe einmal, bei der zweiten zweimal und so weiter, bis zur sechsten
Strophe von "Und jetzt gang i an Peters Brunnele." Vier ältere
Damen, die zufällig einen französischen Kurs der Volksschule
besuchen wollten, der noch garnicht begonnen hatte, und die unbedingt
in demselben Raum bleiben wollten, verließen nach dem vierten "Kuckuck"
schleunigst das "Freiburger Institut für Internationale Begegnungen".
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Hier
saß also diesen Mittwochabend ein kleines Grüppchen der "alten
Garde" beisammen und versuchte mit mehr oder weniger guter Stimme deutsche
und französische Volkslieder zu singen: "Lustig ist´s Zigeunerleben"
ging dabei besonders gut, weil es auch einen französischen Text hat:
"Chante et Danse la Bohème". "Passant par Paris"
war schwieriger, weil es so eine eigenartige Reihenfolge hat wie: zwei Schritte
vor, ein Schritt zurück. Letzten Mittwoch waren sie zum erstenmal zusammengekommen
und hatten Erfahrungen über die Fahrten durch Frankreich und Deutschland
ausgetauscht. Die einen meinten, die größte Ueberraschung sei
doch - obwohl man schon davon gehört hätte - die Höflichkeit
der Franzosen gewesen. Ob in Paris, der Normandie oder an der französischen
Schweizergrenze - überall hatte man bereitwillig Auskunft und ein freundliches
Lächeln erhalten. Und das war sehr nötig, denn sie waren, wenn
auch mit einem ordentlichen Paß, so doch vollkommen auf eigene Faust
durch Frankreich gegondelt. Andere sagten, sie hätten gedacht, die
Franzosen würden den Deutschen gegenüber mißtrauischer sein.
Und die dritten behaupteten - offen und rückhaltlos -, das sei auch
der Fall. Die jungen Franzosen am Tisch hörten sich das an; an ihnen
jedenfalls, so sagten sie, läge nicht die Schuld daran. |
(.......)
[Nicht abgedruckt ist der Mittelteil des Artikels, der die Erlebnisse der
Reisenden sowie Aufbau und Entwicklung der wechselseitigen Reisemöglichkeiten
ins Nachbarland von Behördenseite aus skizziert, Anm. S.J.] |
Mittlerweile
treffen sich die ehemaligen Teilnehmer solcher Fahrten, soweit sie erreichbar
sind, in der Werderstraße in Freiburg, um nach dem Kennenlernen
Freunde zu werden. Sie kennen jetzt Land und Leute der anderen ein wenig,
haben tausend Angelpunkte zu tausend Gesprächen und vor allen Dingen
keine Lust und Veranlassung, sich gegenseitig wehzutun. Die Mittwochabende,
die erst zweimal stattgefunden haben, werden jetzt auf Donnerstag verlegt,
damit die alten Damen - nichts gegen sie! - doch noch ihr Französisch
lernen können. Hier hat man einen besseren Weg dazu gefunden.
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Waldemar
Schweitzer
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