Frankfurter
Allgemeine Zeitung, 16.5.2001, S.2 Kostunica
bekräftigte Willen zur Zusammenarbeit mit Den Haag |
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Der
jugoslawische Präsident Kostunica hat die Bereitschaft seines Landes bekräftigt,
mit dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag zusammenzuarbeiten. Nach einem Treffen
mit Bundeskanzler Schröder in Berlin sagte Kostunica am Dienstag, Jugoslawien
werde seinen internationalen Verpflichtungen nachkommen, wozu auch die Zusammenarbeit
mit dem Haager Kriegsverbrechertribunal gehöre. Das Tribunal fordert die
Auslieferung des früheren jugoslawischen Präsidenten Milosevic, gegen
den seit Mai 1999 eine Anklage wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Kosovo
vorliegt. Die Regierung in Belgrad hatte die Auslieferung Milosevics lange abgelehnt.
Kostunica kündigte in Berlin an, seine Regierung werde bis Ende Mai ein Gesetz
über die Zusammenarbeit mit dem Haager Tribunal verabschieden, das dann im
Parlament beschlossen werden solle.
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Schröder
sagte nach dem Treffen mit Kostunica, es habe Einigkeit darüber geherrscht,
daß in allererster Linie die wirtschaftliche Stabilisierung Jugoslawiens
voranzutreiben sei. Er wolle, daß die Menschen in Jugoslawien eine
"Demokratie-Dividende" bekämen. Schröder
begrüßte es, daß deutsche Firmen, aber auch der deutsche
Industrie- und Handelstag und die Kreditanstalt für Wiederaufbau sich
bereits in Jugoslawien engagierten. Der Bundeskanzler kündigte an,
Berlin unterstütze ohne Einschränkung das Bemühen Jugoslawiens
um den Abschluß eines Assoziierungs- und Stabilisierungsvertrages
mit der Europäischen Union. Er setze seine Hoffnungen auf eine
baldige Geber-Konferenz. Er sei sich mit Kostunica einig, daß Jugoslawien
bei der Stabilisierung der Balkan-Region eine besondere Rolle spiele, sagte
Schröder. Die Europäische Union werde mit
Jugoslawien eng zusammenarbeiten. |
Kostunica
sagte, die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen seines Landes zu Deutschland
bekämen jetzt nach diesen wichtigen Gesprächen in Berlin eine gute Chance
zur Fortentwicklung. Er habe mit Schröder auch über besondere Schwierigkeiten,
etwa die Situation in Südserbien und im Kosovo gesprochen. Auch zur Beseitigung
dieser Schwierigkeiten sei die wirtschaftliche Stabilisierung seines Landes von
großer Bedeutung. In dieser Hinsicht hätten ihn die Gespräche
mit Schröder ermutigt. Kostunica und Schröder äußerten sich
jedoch nicht dazu, wie eine Unterstützung Jugoslawiens durch Deutschland
im einzelnen aussehen könnte. Als einen der wichtigen Faktoren im Zusammenhang
mit der Verbesserung der wirtschaftlichen Situation seines Landes nannte der jugoslawische
Präsident alte Schulden. Vor allem gehe es ihm jedoch darum, daß in
seinem Land Investitionen stattfänden. Jugoslawien dürfe nicht dauerhaft
abhängig von anderen sein. Er wolle eine sozialorientierte Marktwirtschaft
aufbauen.
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(elo.) |
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(Bild) Foto Frank
Röth |