Diskussionsbeiträge der Projektgruppe Friedensforschung Konstanz, Nr. 54, 2004

1. Themenauswahl
1.2Thema Deeskalation/Konfliktlösung
1.2.10Unterstützende/konstruktive Maßnahmen der internationalen Gemeinschaft
  Beispiel 1.2.10.2:

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.5.2001, S.2

Kostunica bekräftigte Willen zur Zusammenarbeit mit Den Haag

 

Der jugoslawische Präsident Kostunica hat die Bereitschaft seines Landes bekräftigt, mit dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag zusammenzuarbeiten. Nach einem Treffen mit Bundeskanzler Schröder in Berlin sagte Kostunica am Dienstag, Jugoslawien werde seinen internationalen Verpflichtungen nachkommen, wozu auch die Zusammenarbeit mit dem Haager Kriegsverbrechertribunal gehöre. Das Tribunal fordert die Auslieferung des früheren jugoslawischen Präsidenten Milosevic, gegen den seit Mai 1999 eine Anklage wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Kosovo vorliegt. Die Regierung in Belgrad hatte die Auslieferung Milosevics lange abgelehnt. Kostunica kündigte in Berlin an, seine Regierung werde bis Ende Mai ein Gesetz über die Zusammenarbeit mit dem Haager Tribunal verabschieden, das dann im Parlament beschlossen werden solle.

Schröder sagte nach dem Treffen mit Kostunica, es habe Einigkeit darüber geherrscht, daß in allererster Linie die wirtschaftliche Stabilisierung Jugoslawiens voranzutreiben sei. Er wolle, daß die Menschen in Jugoslawien eine "Demokratie-Dividende" bekämen. Schröder begrüßte es, daß deutsche Firmen, aber auch der deutsche Industrie- und Handelstag und die Kreditanstalt für Wiederaufbau sich bereits in Jugoslawien engagierten. Der Bundeskanzler kündigte an, Berlin unterstütze ohne Einschränkung das Bemühen Jugoslawiens um den Abschluß eines Assoziierungs- und Stabilisierungsvertrages mit der Europäischen Union. Er setze seine Hoffnungen auf eine baldige Geber-Konferenz. Er sei sich mit Kostunica einig, daß Jugoslawien bei der Stabilisierung der Balkan-Region eine besondere Rolle spiele, sagte Schröder. Die Europäische Union werde mit Jugoslawien eng zusammenarbeiten.

Kostunica sagte, die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen seines Landes zu Deutschland bekämen jetzt nach diesen wichtigen Gesprächen in Berlin eine gute Chance zur Fortentwicklung. Er habe mit Schröder auch über besondere Schwierigkeiten, etwa die Situation in Südserbien und im Kosovo gesprochen. Auch zur Beseitigung dieser Schwierigkeiten sei die wirtschaftliche Stabilisierung seines Landes von großer Bedeutung. In dieser Hinsicht hätten ihn die Gespräche mit Schröder ermutigt. Kostunica und Schröder äußerten sich jedoch nicht dazu, wie eine Unterstützung Jugoslawiens durch Deutschland im einzelnen aussehen könnte. Als einen der wichtigen Faktoren im Zusammenhang mit der Verbesserung der wirtschaftlichen Situation seines Landes nannte der jugoslawische Präsident alte Schulden. Vor allem gehe es ihm jedoch darum, daß in seinem Land Investitionen stattfänden. Jugoslawien dürfe nicht dauerhaft abhängig von anderen sein. Er wolle eine sozialorientierte Marktwirtschaft aufbauen.

(elo.)
 

(Bild)
Foto Frank Röth

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