Diskussionsbeiträge
der Projektgruppe Friedensforschung Konstanz, Nr. 54, 2004
| 2. | Konfliktkontext und Konfliktparteien | |
| 2.2 | Darstellung der Akteure und ihrer Handlungen | |
| 2.2.20 | Differenzierte Betrachtung der einzelnen Konfliktparteien | |
| Beispiel 2.2.20.2: |
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Süddeutsche Zeitung, 17.10.2000, S.11 Städtepartnerschaft
mit Novi Sad | ||
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Von Ruth Ciesinger | ||
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Seit
Beginn der Kriege im ehemaligen Jugoslawien unterstützte Dortmund die Hauptstadt
der Provinz Vojvodina, zusammen mit Organisationen wie dem Roten Kreuz, der evangelischen
Kirche sowie Privatpersonen; die seit 1981 bestehende Städtepartnerschaft
zerbrach auch während der 90er Jahre nicht. Insofern ist Dortmund "eine
Ausnahme", wie auch der ehemalige Dürener Bürgermeister Josef Vosen
begeistert feststellt. Vosen koordiniert die "Städteprojektpartnerschaften",
die das Auswärtige Amt Anfang des Jahres im Zusammenhang mit dem Stabilitätspakt
in Brüssel ins Leben gerufen hat. Als Konsequenz aus dem Kosovo-Krieg wollte
Berlin die serbische Bevölkerung unterstützen - besonders die Opposition.
Auf Regierungsebene war das aus naheliegenden Gründen nicht möglich,
deshalb griff man auf den direkten Städtekontakt zurück, beteiligte
sich finanziell an bereits bestehender Zusammenarbeit und vermittelte neue Partner.
Außerdem sei die direkte Hilfe durch eine andere Stadt "weniger anonym",
sagt Vosen - der Westen sollte ein Gesicht bekommen. | ||
Die
Nato-Bomber flogen noch Angriffe auf die Industriestadt, zerstörten die Raffinerie,
die drei Donaubrücken und die Trinkwasserversorgung - da rollten schon die
Laster mit Lebensmitteln aus Dortmund , man intensivierte sogar die bisherige
Hilfe. Denn in Novi Sad hätten die demokratischen Parteien immer die Mehrheit
im Stadtrat gehabt, sagt Dieter Dieckerhoff von der Dortmunder Stadtverwaltung.
Die wollte man weiter unterstützen, ebenso die Menschen, die unter den Folgen
der Bombardierung und des Embargos litten. | ||
Bei
Alexander Ivkovac gewinnt man den Eindruck, dass das Konzept aufgegangen ist.
Ivkovac spricht gerade auf der anderen Leitung; bis er aufgelegt hat, erzählt
eine Kollegin begeistert, wie bekannt jene Dortmunder in Novi Sad seien, die Lebensmittellieferungen
begleitet oder im Behindertenheim geholfen hätten - eine, Hannelore Lamche,
ist mittlerweile Ehrenbürgerin in Novi Sad. Ivkovac selbst hat lange der
Liga der Sozialdemokraten der Provinz Vojvodina angehört und ist inzwischen
parteilos. Für ihn haben alle Projekte von der Suppenküche im Winter
bis zu Medikamentenlieferungen dazu beigetragen "die Milosevic-Partei in
Novi Sad weiter zu schwächen". Das Vertrauen der Bevölkerung in
die Stadtverwaltung sei dadurch gestärkt worden, denn Belgrad habe sie als
Opposition äußerst knapp gehalten. | ||
"Die
wichtigste Hilfe für uns war aber die Unterstützung der Oppositions-Medien",
sagt Ivkovac. Vom Bundespresseamt flossen Gelder an unabhängige Zeitungen
und Radiosender - auch dank der Ansprechpartner aus Dortmund. Druckpapier und
technische Geräte wurden in riskanten Unternehmungen am Zoll vorbei geschmuggelt.
Sabine Westphal, die oft in Jugoslawien war, hatte in der Handtasche meist Mini-CD-Spieler
oder anderes Material für illegale Radiosender dabei. Sie ist immer noch
beeindruckt von dem "Enthusiasmus, mit dem gearbeitet wurde". Einmal
hat sie einen Sender besucht, der im dritten Stock eines Hauses untergebracht
war. Draußen stand der Übertragungswagen des staatlichen Fernsehens,
doch keiner war beunruhigt. Im Gegenteil, die Mitarbeiter hätten sich sicherer
gefühlt - niemand hätte an diesem Platz einen Piratensender vermutet.
"Ich glaube", so Westphals Fazit, "unsere Hilfe hat erhebliche
moralische Unterstützung gebracht. " | ||
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| Bildunterschrift: |