Süddeutsche
Zeitung, 2.12.2000, S.4, Meinungsseite
Kostunicas erste
Prüfung
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Der
neue erste Mann in Belgrad rennt nicht nur offene Türen ein in einer
Welt, die über den Sturz Milosevics erleichtert ist. Vojislav
Kostunica hat sich auch schon durch Phantasie und Umsicht bei der ersten
Prüfung bewährt, mit der bewaffnete Albaner am innerserbischen
Ostrand des Kosovo die Tauglichkeit Serbiens für die Staatengemeinschaft
testen wollten.
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Mit
einem Überfall auf serbische Polizisten in dem ethnisch gemischten
Gebiet hatte der lokale Ableger der im Kosovo offiziell aufgelösten
Befreiungsarmee UCK die neuen Belgrader Behörden provozieren wollen.
Es kam aber anders. In Zusammenarbeit mit dem erstaunlich konstruktiven
Belgrad will die Nato nun durch dichte Grenzpatrouillen die albanischen
Extremisten in der Pufferzone aushungern, dort also, wo die jugoslawische
Armee keinen Zutritt hat. |
Die
Krise erreichte Belgrad mitten im Machtwechsel und traf auf eine Demokratische
Opposition Serbiens, die beschäftigt ist mit internen Machtverteilungskämpfen.
Kostunica verfügt dabei über mehr Autorität, als die Verfassung
mit ihren schwachen Vollmachten dem jugoslawischen Bundespräsidenten
zuerkennt. Der andere Pol der neuen Regierenden, der unpopuläre Wende-Organisator
und künftige serbische Regierungschef Zoran Djindjic, tat sich gleich
zu Beginn der Krise mit ultimativen Tönen an die Adresse der Nato-Kosovo-Truppe
KFOR und an die Albaner hervor. Präsident Kostunica dagegen warnte
später, nicht in die Falle der selbst ernannten albanischen Befreiungskämpfer
zu tappen. Dabei entfaltete er diplomatisches Geschick. Den Serben machte
er klar: Anders als früher hätten sie nun die Welt auf ihrer Seite.
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kü.
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