Diskussionsbeiträge
der Projektgruppe Friedensforschung Konstanz, Nr. 54, 2004
| 4. | Positionierung des Autors | |
| 4.5 | Empowerment des Lesers | |
| 4.5.1 | Beispielhaftes Aufzeigen von Handlungsmöglichkeiten für "jedermann" in puncto Versöhnung | |
| Beispiel 4.5.1.2: |
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Süddeutsche Zeitung, 17.10.2000, S.11 Städtepartnerschaft
mit Novi Sad |
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Von Ruth Ciesinger |
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Seit
Beginn der Kriege im ehemaligen Jugoslawien unterstützte Dortmund die
Hauptstadt der Provinz Vojvodina, zusammen mit Organisationen wie dem Roten
Kreuz, der evangelischen Kirche sowie Privatpersonen; die seit 1981 bestehende
Städtepartnerschaft zerbrach auch während der 90er Jahre nicht.
Insofern ist Dortmund "eine Ausnahme", wie auch der ehemalige
Dürener Bürgermeister Josef Vosen begeistert feststellt. Vosen
koordiniert die "Städteprojektpartnerschaften", die das Auswärtige
Amt Anfang des Jahres im Zusammenhang mit dem Stabilitätspakt in Brüssel
ins Leben gerufen hat. Als Konsequenz aus dem Kosovo-Krieg wollte Berlin
die serbische Bevölkerung unterstützen - besonders die Opposition.
Auf Regierungsebene war das aus naheliegenden Gründen nicht möglich,
deshalb griff man auf den direkten Städtekontakt zurück, beteiligte
sich finanziell an bereits bestehender Zusammenarbeit und vermittelte neue
Partner. Außerdem sei die direkte Hilfe durch eine andere Stadt "weniger
anonym", sagt Vosen - der Westen sollte ein Gesicht bekommen. |
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Die
Nato-Bomber flogen noch Angriffe auf die Industriestadt, zerstörten
die Raffinerie, die drei Donaubrücken und die Trinkwasserversorgung
- da rollten schon die Laster mit Lebensmitteln aus Dortmund , man intensivierte
sogar die bisherige Hilfe. Denn in Novi Sad hätten die demokratischen
Parteien immer die Mehrheit im Stadtrat gehabt, sagt Dieter Dieckerhoff
von der Dortmunder Stadtverwaltung. Die wollte man weiter unterstützen,
ebenso die Menschen, die unter den Folgen der Bombardierung und des Embargos
litten. |
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Bei
Alexander Ivkovac gewinnt man den Eindruck, dass das Konzept aufgegangen
ist. Ivkovac spricht gerade auf der anderen Leitung; bis er aufgelegt hat,
erzählt eine Kollegin begeistert, wie bekannt jene Dortmunder in Novi
Sad seien, die Lebensmittellieferungen begleitet oder im Behindertenheim
geholfen hätten - eine, Hannelore Lamche, ist mittlerweile Ehrenbürgerin
in Novi Sad. Ivkovac selbst hat lange der Liga der Sozialdemokraten der
Provinz Vojvodina angehört und ist inzwischen parteilos. Für ihn
haben alle Projekte von der Suppenküche im Winter bis zu Medikamentenlieferungen
dazu beigetragen "die Milosevic-Partei in Novi Sad weiter zu schwächen".
Das Vertrauen der Bevölkerung in die Stadtverwaltung sei dadurch gestärkt
worden, denn Belgrad habe sie als Opposition äußerst knapp gehalten.
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"Die
wichtigste Hilfe für uns war aber die Unterstützung der Oppositions-Medien",
sagt Ivkovac. Vom Bundespresseamt flossen Gelder an unabhängige Zeitungen
und Radiosender - auch dank der Ansprechpartner aus Dortmund. Druckpapier
und technische Geräte wurden in riskanten Unternehmungen am Zoll vorbei
geschmuggelt. Sabine Westphal, die oft in Jugoslawien war, hatte in der
Handtasche meist Mini-CD-Spieler oder anderes Material für illegale
Radiosender dabei. Sie ist immer noch beeindruckt von dem "Enthusiasmus,
mit dem gearbeitet wurde". Einmal hat sie einen Sender besucht, der
im dritten Stock eines Hauses untergebracht war. Draußen stand der
Übertragungswagen des staatlichen Fernsehens, doch keiner war beunruhigt.
Im Gegenteil, die Mitarbeiter hätten sich sicherer gefühlt - niemand
hätte an diesem Platz einen Piratensender vermutet. "Ich glaube",
so Westphals Fazit, "unsere Hilfe hat erhebliche moralische Unterstützung
gebracht. " |
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